flach - flacher - Belarus
Im Moment würde ich uns noch als Luxusabenteurer bezeichnen. In den ersten 3 Wochen haben wir jeden Abend in einer Unterkunft eingecheckt bzw. uns bei ganz lieben Leuten einquartiert. Eine heiße Dusche, ein mehr oder weniger kuscheliges Bett, ein Tisch zum Frühstücken, ... Das sind schon schöne Sachen. Allerdings schleppen wir nun auch schon seit über 1000 km ein Zelt, sowie 2 Iosmatten und Schlafsäcke mit uns herum. Kurz nach Pinsk hat's dann endlich mal gepasst. Wir waren irgendwo im Nirgendwo. Die nächste größere Ortschaft anzuradln hat uns nimma gfreit. Und wir haben inmitten von Feldern einen kleinen Wald entdeckt, wo wir unser Zelt aufgestellt haben. Nach dem Abendessen haben wir uns verkrochen und wollten früh schlafen. Allerdings gar nicht so einfach, wenn es bis fast 22 Uhr hell ist. Langer Rede kurzer Sinn: wir haben schon besser geschlafen und in der Nacht hats ganz schön abgekühlt (wir sollten uns für Kirgistan echt noch was einfallen lassen), die Graxn tut nach einer Nacht im Zelt mehr weh als nach 3 Wochen am Rad :D. Wir sind einfach noch a bissal zu verwöhnt.
Die Distanzen zwischen den Ortschaften werden allerdings immer größer, das Zelt halten wir also griffbereit :) Unser Kocher ist in letzter Zeit schon recht häufig zum Einsatz gekommen. Unser Lieblingsmenü: Nudelsuppe mit Zwiebel und Karotte. Es zeichnet sich ab, dass das einfachere und etwas unluxuriösere Radlerleben langsam aber sicher Einzug hält. Wobei Luxus auch immer von den äußeren Umständen abhängt. So haben wir zum Beispiel letztens kurz vor einem Regenguss in einer Bushaltestelle Unterschlupf gefunden, dort unseren Kocher angeheizt uns uns im Trockenen eine leckere wärmende Suppe zubereitet. Das hat sich wahrlich nach Luxus angefühlt.
In den letzten Tagen haben wir unsere km hauptsächlich auf der Fernverkehrsstraße zurückgelegt. Der Verkehr ist leider etwas mehr geworden. Dafür haben wir gscheid Meter gemacht. Unser Tagesrekord liegt bis jetzt bei 114 km. Wir kommen also gut voran, nur leider wird das Fahren auf der Geraden nach einigen Tagen etwas langweilig (und diese Worte aus meinem Mund. Ich mag Flachstücke und steh Hügeln und Bergen etwas skeptisch gegenüber. Aber wie schön es doch wär, ein paar Steigungen zu bewältigen). Naljewa und naprawa von der Straße wechseln sich Wälder und Felder ab. Tankstellen würde ich als Highlight auf der Strecke bezeichnen. Da gönnen wir uns öfter mal einen Kaffee, einen Schokoriegel bzw. heißes Wasser für eine Instantnudelsuppe. Ich bin mir sicher, dass ihr jetzt alle richtig neidisch auf uns seid ;-)
Seit 3 Tagen sind wir nun in Gomel. Mit ca. 500 000 Einwohnern nach Minsk die größte Stadt in Belarus. Hier lässt es sich wirklich aushalten. Die Stadt ist lebendig, es gibt Lokale und Restaurants (wobei wir die inzwischen meiden. Wir werden einfach nicht satt. Wir bleiben lieber bei Altbewährtem und kochen Thunfischnudeln, Curry und Chapati in unserem Appartement).
Die Regenartion hier war ganz wichtig. Wir haben wieder Energie getankt und sind topmotiviert für das nächste Kapitel unserer Reise, Russland. Wir sind gespannt wie sich die Landschaft nach Osten hin verändern wird, wie sich die Kultur unterscheidet und ob wir dem Vodka entkommen können :)