in de Berg' samma (meistens) gern
Auf der M41 war uns einfach viel zu viel Verkehr. Darum haben wir unsere Route abseits der Hauptverkehrsstrecke geplant. Zwar war auf der von uns gewählten Straße ein Pass vermerkt, aber dafür weniger Kilometer. Und da die Straße laut unserer Karte als Hauptstraße gekennzeichnet war, sind wir von Asphalt ausgegangen und haben uns nicht allzuviel dabei gedacht. HA! Da hatten wir uns wohl zu früh gefreut. Erwartet hat uns eine steile Schotterpiste. Oh mein Gott, wir hatten ein furchtbares Terek Deja-vu... Wieder einmal sind wir nur im Schneckentempo vorangekommen, weil wir oft schieben mussten. Die Nerven sind blank gelegen, weil wir auf die schlechten Straßenverhältnisse nicht eingestellt waren. In solchen Momenten hat man die Nase wirklich voll und würde am liebsten in die Trotzphase zurückfallen und auf der Stelle stehen bleiben... Es ist einfach soooooo anstrengend. Mani hat dann noch zusätzlich ca. 3 kg Äpfel schleppen dürfen, die uns ein Kirgiese frisch von seinem Baum gepflückt hat. Irgendwie haben wir uns dann doch raufgequält, und die Aussicht am 2460 m hohen Chalkan Pass hat uns etwas besänftigt. Trotzdem, von Schotter haben wir fürs Erste wirklich genug.
Nach Gulcha hatten wir einen Schreckmoment - Mani hat einen Riss im Mantel seines Vorderreifens entdeckt, durch den es den Schlauch rausgequetscht hat. Unser erster Gedanke war, dass wir es nun doch nicht auf eigene Faust nach China schaffen. Ersatzmantel haben wir nämlich keinen mit... Zum Glück haben wir dann beim Flickzeug so ein Teil gefunden, dass man provisorisch von innen auf das Loch klebt, so dass der Schlauch nimma raus kann. Problem gelöst. Phuu, da sind wir gerade nochmal davon gekommen. Ein wiiinziger Teil in mir hätte sich gefreut, die letzten Pässe in einem LKW sitzend zu bewältigen. So mussten wir selbst nochmal herhalten.
Vor dem 3615 m hohen Taldyk Pass hatten wir von Anfang an gewaltigen Respekt. Irgendwie hat er die letzte große Hürde vor China dargestellt. Dementsprechend ehrfürchtig sind wir ihn angegangen. Serpentine um Serpentine haben wir uns raufgekämpft. Auch von einem lose am Straßenrand liegendem Pferdebein ließen wir uns nicht abschrecken. Auf 3300 m haben wir Mittagspause gemacht als 2 weitere Radler raufgekommen sind. Barbara und Matthias aus Deutschland. Gemeinsam haben wir die letzten Höhenmeter bestritten. Das Glücksgefühl, als wir oben waren, kann ich kaum beschreiben. Zu wissen, dass man jeden einzelnen Meter alleine raufgeradelt ist. Und dann hats doch tatsächlich noch ein paar Schneeflocken runterghaut. Wir waren ganz überwältigt. Ein Kleintransporter mit drei Kirgiesen hat auch angehalten. Die haben schnell eine Flasche Vodka getrunken (nicht hinterfragen) und mit uns angestoßen :). Für die kurze Abfahrt haben wir uns warm eingepackt, wir mussten allerdings noch über den "40 Let Kyrgyzstan Pass". Kein Problem für unsre strammen Wadln.
Als wir dann auf Sary-Tash zugeradelt sind waren wir ein weiteres Mal ganz hin und weg. Sicher, bei uns daheim gibts auch hohe Berge. Aber hier hat sich am Horizont das Pamirgebirge mit den ganzen 6000 und 7000 m hohen Bergen aufgetan. Unbeschreiblich. Das muss man mit eigenen Augen gesehen haben. Wir sind uns einig, dass dies wohl einer der schönsten Tage unsrer bisherigen Reise war. Haben in ein Guest House eingecheckt, heiß geduscht, in der Abendsonne Bier getrunken und super lecker gegessen. Als die Sonne weg war wurde es wieder bitterkalt. Wir waren froh, nicht im Zelt liegen zu müssen.
Am nächsten Morgen war das Wasser in unsren draußen vergessenen Trinkflaschen gefroren und wir mussten uns von Barbara und Matthias verabschieden. Die beiden sind weiter nach Tadjikistan. Da ihr Kocher den Geist aufgegeben hat, haben wir ihnen unseren überlassen. Wir hätten ihn sowieso bald verschickt. Er hat uns treu gedient und uns viele gute Suppen beschert. Jetzt darf er noch weiter den Pamir Highway entlang ;-)
Unsere Route ging weiter nach Osten. Der schneebedekten Bergkette entlang. Da überhaupt kein Verkehr war, konnten wir unsre letzten km in Kirgistan so richtig genießen. Da wir guten Asphalt unter den Rädern hatten, hat uns nicht mal mehr der 3770 m hohe Tormurun Pass aus dem Konzept gebracht (eher die Abfahrt, bei der ich fast erfroren wäre). Letztendlich haben wir Irkeshtam erreicht. Den letzten Ort auf kirgisischer Seite. Stempel in den Pass. Und draußen waren wir aus dem Land der Reiter. Dass wir in eben diesem Moment China erreicht haben, konnten wir wohl beide nicht realisieren. China, das war immer sooooooooo weit weg. Und jetzt sind wir da. Mit dem Rad. 6526 km von daheim entfernt. Und selbst hergefahren. Mit dem Rad...