raus aus der Europäischen Union

20.06.2014 12:36

(den Titel dieses Blogeintrages bitte nicht politisch verstehen ;-) )

Die letzten Kilometer in Polen haben wir im strömenden Regen zurückgelegt (dank unserer superrkuulen Regenbekleidung überhaupt kein Problem). Kurz vor der Grenze wurden wir dann doch a bissal nervös. Von einigen Seiten haben wir gehört, dass man mit dem Fahrrad nicht über die Grenze fahren darf... Auf der polnischen Seite durften wir relativ schnell passieren. Ein gutes Zeichen? Den weißrussischen Grenzbeamten war unser Unterfangen dann nimma ganz so ein Ding. Die Autos vor uns durften durch, für uns habens extra den Schranken runtergelassen... Die haben sich, uns (und unsere Pässe) nur kopfschüttelnd angeschaut. Vielleicht hatten sie dann doch Mitleid mit uns (entweder weil wir nass waren oder weil wir ihnen gesagt haben, dass wir noch bis Thailand müssen?), oder die Tatsache hat geholfen, dass weit und breit kein LKW zu sehen war, der uns hätte mitnehmen können? Auf jeden Fall haben sie uns durchgewinkt - zur nächsten Kontrolle. Da mussten wir uns, wie alle Ausländer, eine Reiseversicherung für die Dauer unseres Aufenthalts kaufen. Wozu das gut sein soll, weiß keiner so genau. Und dass wir eh eine international gültige Versicherung haben interessiert keinen. Nachdem auch das unter Dach und Fach war mussten wir nur noch einmal zur Passkontrolle. "From Austria by bycicly?" - "Yes, to Thailand" - (diesem Wachtl war es erlaubt zu lachen) "you are crazy!", sprachs, öffnete die Schranken und ließ uns ein, in ein völlig unbekanntes Land.

Ein paar Meter nach der Grenze (nicht nur örtlich sondern auch zeitlich. Wir sind von der einen in die nächste Zeitzone gefahren und mussten die Uhren eine Stunde nach vorne stellen) hatten wir einen weiteren Grund zur Freude: WIR SIND DIE ERSTEN 1000 KM GERADELT :-)

Die erste Euphorie ist relativ schnell wieder verflogen, nachdem wir festgestellt haben, dass wir ganz genau gar nix verstehen (okay, das konnten wir in Polen auch nicht), aber jetzt können wir lesen auch nichts mehr ... Was die Hotelsuche dann schonmal spannend macht. Wer nämlich glaubt, dass Hotel und Motel wunderbar internationale Begriffe sind, der hat die Rechnung leider ohne die Russen gemacht. Ein Hotel ist auch irgendwie nicht so leicht zu finden. Supermarkt, Bank, Hotel, ... schaut alles gleich aus (grau). Mit etwas englischsprachiger Hilfe und haben wir in Brest (der Grenzstadt) dann doch noch eine Unterkunft gefunden. 

Ähnlich erging es uns bis jetzt jeden Abend auf der Hotelsuche. Zum Glück sind wir bisher immer auf extrem hilfsbereite Leute getroffen, die uns mit Händen und Füßen weitergeholfen haben. Als unbezahlbar hat sich auch unser Sprachreiseführer erwiesen. Ohne den wären wir chancenlos. Dass die sprachliche Barriere so extrem wird, damit haben wir beide nicht so gerechnet. "Schauen wie ein Autobus" bekommt eine völlig neue Bedeutung... Inzwischen beherrschen wir: bitte, danke, entschuldigung, hallo, wo ist ein Hotel?, links, rechts, geradeaus, Rechnung, Bier. Soweit so gut. Bis zur chinesischen Grenze haben wir ja noch ausreichend Zeit unsere Sprachkenntnisse zu verbessern...

Weitere Herausforderung: im Restaurant essen bestellen. Es fühlt sich a bissal an wie "Geh aufs Ganze". Man zeigt auf irgendwas und hat keine Ahnung was sich dahinter verbirgt. Zum Glück hatten wir bis jetzt noch keinen Zonk dabei :D Was ein bisschen negativ auffällt: die Portionsgrößen sind nicht für hungrige Radler ausgelegt. Unsere Körper verlangen wirklich massiv nach Energie. Mit den klassischen Ernährungsempfehlungen kommen wir inzwischen nimma recht weit. Somit gilt: "at least one Snickers a day keeps extrem weight loss away". 

Radlfahren geht ganz gut hier. Es ist wirklich brettleben und so können wir gscheid Meter machen (vorausgesetzt wir bleiben auf der M10, der kaum befahrenen Fernverkehrsstraße). Wir waren bisher zweimal so kühn und haben diese verlassen. Einmal sind wir auf einer Sandpiste mit gatschigen Streckenabschnitten gelandet, ein ander Mal auf einer 10 km langen Stöckelpflasterstraße. (Der Spaßfaktor hielt sich beide Male in Grenzen). 

Für die restlichen ca. 400 km in Belarus haben wir noch relativ viel Zeit (können erst ab 1. Juli in Russland einreisen). Unser Plan ist es, die nächsten 6 Tage nach Homel zu radeln und dort dann die restliche Zeit zu verbringen :)